FÜR VIELE MERCEDES-FANS ist die Heckflosse der Ursprung markentypisch-zeitloser Eleganz. Als Nachfolger des pummeligen Ponton verkörperte die sachliche Trapezform der Flosse, angereichert mit ein paar modischen Zitaten wie den Peilkanten am Heck, den Panoramascheiben vorn und hinten und je nach Ausführung reichlich Chrombehang das Luxusauto für Arrivierte.
Die Flosse überstrahlt mit Fifties-Flair und langlebiger Technik ihren Hang zum Rost
1960 Mercedes Heckflosse W110
Selbst ein profaner 190 D profitierte von der opulenten Üppigkeit der Einheitskarosserie, die vom 190 bis zum 300 SE alle Mercedes- Limousinen abdeckte. Die S-Modelle, inklusive des Sondertyps 220 b, haben jedoch 5 cm mehr Radstand bei 14,5 cm mehr Gesamtlänge.
Zum Einsatz kommen moderne Triebwerke mit obenliegender Nockenwelle, nur die 300er mit dem problematischen OHCLeichtmetallmotor M 189 passen nicht in den rationellen Motorenbaukasten. Bemerkenswert ist die von Béla Barényi erdachte Sicherheits karosserie. Ihr komplexer Aufbau mit Verstärkungs blechen und Hohlräumen in Längs- und Querträgern führt jedoch zur extremen Rostanfälligkeit. Nur ein hoher Restaurierungsaufwand rettet marode Objekte. Die Technik ist robust, das Fahrwerk noch nicht wartungsfrei konzipiert, es braucht regelmäßige Schmierdienste.
SPEZIALISTEN Kienle Automobiltechnik, 71254 Heimerdingen, www.kienle.com Lehmann Mercedes Ersatzteile, 91284 Neuhaus a. d. Pegnitz, Tel. 091 56/14 47 Pyritz Classics GmbH, 60386 Frankfurt a. M., Tel. 069/40 89 55 18
CLUBS vdh – Verein der Heckflossenfreunde, www.mercedesclubs.de MB IG Mercedes-Benz Interessen- Gemeinschaft, 52428 Jülich
PREISE Akzeptable kleine Flossen starten unter 15 000 Euro, S-Klasse-Modelle bei 20 000. Ein Sonderfall ist der 300 SE mit Alu-Motor, Luft federung und Bosch-Sechsstempel-Einspritzpumpe, ein wartungsintensiver Hochleistungswagen, der unter 40 000 Euro nicht zu haben ist. Vom 300 SE lang wurden lediglich 1546 Exemplare gebaut
DARAUF SOLLTEN SIE ACHTEN
1 Kotflügel vorn (Scheinwerfertöpfe)
2 Querträger vorn
3 Lenkgetriebebefestigung
4 vordere Längsträger („Bananen“)
5 Schweller (Wagenheberaufnahme)
6 Längsträger über Hinterachse
7 Kofferraumboden
8 Chromteile, Stoßstangen
9 Vergaser (Verschleiß, Synchron.)
10 Fahrwerksbuchsen, Bremsen
60er-Jahre im Typ 200 mit FieberthermometerTacho, Lenkradschaltung und Holzfurnier
DATEN UND FAKTEN
MOTOR Typ M 121, wassergekühlter Vierzylinder-Reihenmotor, Bohrung x Hub 87,0 x 83,6 mm, Hubraum 1988 cm³, 95 PS bei 5200/min, max. Drehmoment 152 Nm bei 3600/min, zwei Ventile je Brennraum, betätigt über eine kettengetriebene obenliegende Nockenwelle und Schlepphebel, Kurbelwelle fünffach gelagert, zwei Fallstromvergaser Solex 38 PDSJ, Ölinhalt 4,5 Liter
KRAFTÜBERTRAGUNG ViergangSchaltgetriebe oder -automatik, Hinterradantrieb
KAROSSERIE UND FAHRWERK Selbsttragende Stahlblechkarosserie, vorn Doppelquerlenkerachse, Schraubenfedern, hinten Pendelachse, Schraubenfedern, Kugelumlauflenkung (a. W. Servo), vorn Scheiben-, hinten Trommelbremsen, Reifen 7.00 S-13 (165 SR 13)
MASSE UND GEWICHT Länge x Breite x Höhe 4730 x 1795 x 1495 mm, Radstand 2700 mm, Spur vorn/hinten 1482/1485 mm, Tankinhalt 65 Liter, Gewicht 1310 kg
FAHRLEISTUNGEN UND VERBRAUCH 0–100 km/h in 14,5 s, Vmax 163 km/h, Verbrauch 12,8 l/100 km
PLUS Üppiges Raumangebot, modisch-elegante Form. Vermittelt das typische Mercedes-Gefühl in Reinstform und hochdosiert
MINUS Viel Rost, zwiespältiges Ange- bot, rostfreie US-Ware erwägenswert
INSIDER-TIPP Am beliebtesten sind die Sechszylinder (220 S, SE, 230 S). Sparer greifen zum Diesel (190 D mit drei, 200 D mit fünf Lagern). Günstig: Nischenmodelle wie 220 b und 230