1975 BMW 1602 E21

2018  Frank Schwichtenberg

Während Billy Idol in seinem 1987er Hit über die nicht erwiderte Liebe einer Sechzehnjährigen schmachtete, kann Manfred ein Lied von den Freuden eines traditionell aufgebauten Sechzehnnullzwo singen: An seinem wunderschönen 1975er Modell blieb kein Teil unangetastet.


02er mit Leistung wie der Turbo – aber als Sauger!


1975 BMW 1602 E21

 

Wochenendrenner: Der 1602 ist durch und durch alltagstauglich, erlaubt aber auch sportliche Einsätze.


Die Leidenschaft für Oldtimer fing bei mir mit der Restauration eines alten Porsche 911 an. Nachdem sich der Elfer nach der Voll-Resto in Topzustand befand und ich Gefallen an dieser Art Arbeit gefunden hatte, musste ein neues Projekt her. Da ich bereits früher einen BMW E30 besessen und diesen nur wegen meines Hausbaus abgeben hatte, stand schonmal fest, dass es diesmal ein älterer BMW sein sollte. Im Internet machte ich mich auf die Suche nach einem 02er oder E21“, schildert Manfred seinen automobilen Werdegang.

Obwohl er als gelernter Maurer sicherlich nicht mit zwei linken Händen gehandicapt ist, haben Ziegel und Mörtel doch recht wenig mit Blech zu tun – aber warum verzagen? Der Zuffenhausener hatte sich schließlich auch auf Vordermann bringen lassen.Und angesichts der Sorgfalt, mit der sich der Oberpfälzer unserem Coverauto gewidmet hat, sind Zweifel berechtigt, dass er je etwas anderes gemacht hätte. Aber der Reihe nach: Nach Besichtigungen diverser 02er und E21, unter denen auch etliche Katastrophen waren, fand sich im September 2013 endlich ein aufbauwürdiger 1602 in Kitzingen.

Einem älteren BMW-Fan hatte dieser als Übergangsauto für den Winter gedient. Von außen sah der Zweitürer zwar ziemlich fertig aus, da sein zweifarbiges Lackkleid mit dem Farbroller aufgetragen worden war, doch ansonsten überwog der gute Eindruck des rund 85.000 Kilometer gelaufenen Exemplars. „Also habe ich ihn gekauft und auf dem Hänger zu mir in die Garage gebracht.

Kaum war ich zuhause angekommen, packte ich meinen Dampfstrahler aus und dampfte das Fahrzeug erstmal ab. Dabei verabschiedete sich die gerollerte Farbe. Aber kein Problem, sagte ich mir, der wird sowieso komplett entkernt und neu aufgebaut. Am selben Tag noch habe ich angefangen, ihn zu zerlegen. Nachdem ich das komplette Auto bis zur letzten Schraube auseinandergebaut hatte, dachte ich nur: Hoffentlich bekomme ich den wieder zusammengebaut!“ 

„Ich dachte nach dem Komplettzerlegen: Hoffentlich bekomme ich den wieder zusammengebaut!“


1975 BMW 1602 E21

 

Die runden Rückleuchten wurden bis zur Modellpflege im August 1973 verbaut.


Zeitmanagement ist die halbe Miete

So stand schließlich nur noch die nackte Karosserie da. Weiter ging es dann mit dem Entfernen des Unterbodenschutzes, und auch die alten Farbaufträge in Innen-, Koffer- und Motorraum mussten runter. Gründlich wurden alle Lackschichten abgelöst, bis bei der kompletten Karosserie von oben und auch von unten ausschließlich blankes Metall zu sehen war. Glücklicherweise hatte sie keinerlei Verformungen von Unfallschäden davongetragen, und abgesehen von zwei kleineren Löchern gab es auch nicht viel zu schweißen.

Danach ging die Karosserie zum Lackierer. „Ich hatte mir schon beizeiten den Stil des Umbaus überlegt, ich wollte den 02 zeitgenössisch-sportlich auslegen. Immerhin waren die Wagen der 02-Serie im Motorsport ja sehr erfolgreich, vor allem bei der Deutschen Rennsport-Meisterschaft. Daher würden sich innen schwarze Leder-Halbschalensitze mit Netzkopfstützen von Recaro und ein 32er Momo Sportlenkrad bestens machen, also besorgte ich diese Klassiker des Zubehörhandels.“ Während der Lackierer die Spritzpistole schwang, bereitete Manfred die eingelagerten Teile wie Tank, Getriebe, Kabelbaum und sämtliche Kleinteile gewis senhaft auf. Auch Scheinwerfer, Stoßstangen, Türgriffe und weitere Chromteile verlangten nach Zuwendung, da sie mit der gerollerten Farbe beschmiert waren.

Zudem schaffte der Schrauber weitere Neuteile heran, schüsselte die zweiteiligen BBS „RM“ vorne auf 7 × 15 und hinten auf 8 × 15 Zoll um und überholte die Bremssättel. Die Achsen wurden gesandstrahlt und wie der Überrollbügel mit Querstrebe und die Radkränze pulverbeschichtet. Nach vier Monaten des Grundierens, Füllerns und Schleifens kehrte eine 1A lackierte Karosserie zurück in die heimische Garage.

Auch der Zender-Frontspoiler, der Unterboden und der Innenraum erstrahlten in der neuen Wagenfarbe Reinweiß. Da konnte Manfred es verständlicherweise kaum erwarten, zum schöneren Teil – der Montage des Fahrzeuges – überzugehen. Bruder Thorsten half, dass rasch zusammenwuchs, was fortan zusammengehören sollte.

Drehorgel nach Maß

Geringfügig älter als Manfreds 1602 sind der 220-km/h-Tacho und der Drehzahlmesser, die vom 1968 bis 1972 gebauten Sportmodell 2002 ti stammen. Sie wurden ergänzt um Öldrück- und Öltemperaturanzeige in der Mittelkonsole, denn zum einen wollte der passionierte Tüftler das Wohl seines Motors stets im Auge haben, zum anderen war von vornherein klar, dass es nicht bei den serienmäßigen 85 PS bleiben sollte. „Da ich mich mit Motoren nicht auskenne, habe ich meinen besten Freund Andreas von ATT Blank gefragt, ob er nicht mal einen Blick auf den ausgebauten Motor werfen würde.

Da es bei ihm nur 110 Prozent gibt, hat er das Triebwerk komplett bis auf den Rumpf zerlegt.“ Anschließend wurde der Serien-Motorblock auf zwei Liter aufgebohrt und gehont, die Kurbelwelle geschliffen sowie Schmiedekolben vom 2002 tii mit bearbeiteten Kolbentaschen verbaut. Ein druckvoller Turboumbau stand nicht auf dem Zettel; ein klassisch frisierter, drehfreudiger Sauger war gewünscht.

Die Frisur erforderte selbstverständlich Arbeiten am zu planenden Kopf, dessen Ein- und Auslasskanäle außerdem penibel vergrößert und poliert wurden. Statt Lockenwicklern gab es stärkere Ventilfedern samt eigens angefertigter Ventilteller sowie eine schärfere 304°-Nockenwelle. Damit die von einer elektrischen Benzinpumpe beschickten zwei 45er Weber-Doppelvergaser ihr Gemisch ordentlich abführen können, wurden ferner die Ansaugbrücken bearbeitet.

Propere Funkenbildung stellte ATT Blank anhand einer Hochleistungszündspule mit einstellbarem 123-Ignition-Verteiler sicher, möglicher Überhitzung beugt ein Hochleistungskühler mit entsprechendem 71er Thermostat vor. Die verdoppelte Motorkraft gelangt über ein Viergang-Getriebe mit verstärkter Kupplung an die 3,45:1 übersetzte Hinterachse samt Motorsport-Differenzial mit 25 Prozent Sperrwirkung, während die Abgase über eine komplette Gruppe-A-Edelstahlauspuffanlage inklusive Fächerkrümmer entlassen werden.


1975 BMW 1602 E21

 

Guten Appetit! Aus diesem domstrebengekrönten Motorraum könnte man bedenkenlos essen.

Da kommt Freude am Fahren auf!

Nach rund sechs Monaten Motorenbauzeit wurde nun Hochzeit gefeiert. Der neu überholte und leistungsgesteigerte M10-Vierzylinder wurde gut 1.000 km eingefahren und musste sich danach auf dem Leistungsprüfstand bei C. Böhm Motorsport beweisen. Ergebnis: mit 170 PS so stark wie das Krawallkind der 02er Familie namens turbo, mit 165 Nm Drehmoment auf einem Niveau mit dem Tachospender 2002 ti und mit 190 km/h Spitze sogar etwas flotter als der ti.

Fahrwerksseitig musste natürlich gleichgezogen werden, also gab es rundum gekürzte und verstellbare Koni-Sport-Stoßdämpfer sowie gepresste 40er Eibach-Federn, die zusammen mit den 185/45 R15er Nankang „Ultra Sport“ eine Tieferlegung von circa 60 Millimetern ergeben. Für mehr Verwindungsfestigkeit sorgen Alu-Domstreben vorne und hinten, für mehr Präzision harte PU-Buchsen. „Mein 1602 verhält sich wie ein kleiner Wolf im Schafspelz. Bis 2500 Umdrehungen ist er ganz brav, von 2600 bis fast 7000 Touren geht er dann richtig aggressiv zur Sache. Da wird das Grinsen immer breiter und der Spaßfaktor immer größer.

Bei Beschleunigen auf kurvenreicher Strecke bricht gerne mal das Heck aus, und auch der Sound der 45er Weber und der Gruppe-A-Anlage bei fast 7000 Umdrehungen erzeugen Gänsehaut pur. Da braucht man kein Radio mehr!“ Wie so oft bei den in der BMW SCENE vorgestellten Fahrzeugen bestätigt sich auch hier: Was lange währt, wird endlich gut – immerhin hat der Pilsacher in anderthalb Jahren jede freie Minute in seinen 1602 gesteckt. In den Augen von Classic Data wurde es sogar sehr gut, denn das Gutachten weist dem Wagen einen Zustand von eins minus aus.

Ein ebenfalls weithin bekanntes Phänomen – innere Leere nach Fertigstellung – folgte indes nicht, da Manfred längst ein neues Projekt im Kopf hatte. Hierbei handelte es sich um einen alten Rover Mini für seine so geduldige wie verständnisvolle Frau, der gleichfalls komplett neu aufgebaut wurde. Abschließend gibt’s neben lieben Grüßen an alle Schrauber, die mit Freude bei der Sache sind, ein dickes Dankeschön an Andi von ATT Blank, an Thorsten für die Hilfe beim Zusammenbauen und an den sorgfältigen Lackierer Holger.


1975 BMW 1602 E21

 

Sind sie nicht goldig? Die zweiteiligen BBS „RM“ wurden teils poliert, teils pulverbeschichtet.


Sweet Sixteen: Solch einen makellosen 1602 sieht man wahrlich nicht alle Tage


FEATUREFACTS 1975er BMW 1602

Motor: BMW-M10-Vierzylinder-Reihenmotor von 1573 auf 2000 ccm aufgebohrt und gehont, Zylinderkopf geplant, Ein- und Auslässe vergrößert und optimiert, stärkere Ventilfedern, spezialgefertigte Ventilteller, schärfere 304°-Nockenwelle, Kurbelwelle geschliffen, tii-Schmiedekolben mit bearbeiteten Kolbentaschen, Ölpumpe von E21 , überarbeitete Ansaugbrücken mit zwei 45er Weber-Doppelvergasern, Hochleistungszündspule mit einstellbarem 123-Ignition-Verteiler, elektrische Benzinpumpe, Hochleistungskühler mit 71er Thermostat, 170 PS/125 kW bei 6.370 U/min, 165 Nm Drehmoment, komplette Gruppe-A-Edelstahlauspuffanlage mit Fächerkrümmer

Kraftübertragung: Viergang-Handschaltung mit verstärkter Kupplung, Hinterradantrieb, Motorsport-Sperrdifferenzial mit 25 % Sperrwirkung, Achsübersetzung auf 3,45 umgebaut

Fahrwerk: vorne und hinten gekürzte und verstellbare Koni-Sport-Stoßdämpfer, gepresste 40er Eibach-Federn, ca. 60 mm Tieferlegung, PU-Buchsen, Aludomstreben vorne und hinten

Räder: zweiteilige BBS „RM“, umgeschüsselt auf 7 × 15″ vorne und 8 × 15″ hinten; Kränze in Goldeffekt pulverbeschichtet; Felgenbetten, Schrauben und Felgendeckel hochglanzpoliert und mit BBS-Logo versehen

Reifen: Nankang „Ultra Sport NS 2“, vorne und hinten in 185/45 R15

Karosserie: komplett entlackt, rundum reinweiß lackiert, Hochglanz-Klarlack; Zender-Frontspoiler, runde Rückleuchten vom Vorfacelift-Modell

Interieur: weiß pulverbeschichteter Überrollbügel mit Querstrebe, schwarze Leder-Halbschalensitze mit Netzkopfstützen von Recaro, Lederausstattung, weiß eingefasste Fußmatten, 32er Momo-Sportlenkrad; Tacho bis 220 km/h und Drehzahlmesser vom 2002 ti, Öldrück- und Öltemperaturanzeige, original BMW-„Bavaria“-Radiogerät

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