Mehr Power, weniger Dach: Erst in der Frischluftversion hat der BMW i8 seine wahre Bestimmung gefunden.
Barockmusik mit der Trompete
Luft zum Atmen Die Mannigfaltigkeit des Antriebs wird beim Roadster auch noch durch Mannigfaltigkeit im Lebensgefühl ergänzt. So macht der i8 erst richtig Spaß. Die Schmetterlingstüren wirken nicht nur spektakulär. Sie sind an den A-Säulen verankert und sogar recht praxistauglich. Der Schwung der Karosserie hat etwas Trompetiges und in dieser leichten Übertreibung gleichzeitig auch etwas Barockes.
Das Cabrio, also der Roadster, trifft den Grundcharakter des i8 noch viel genauer als das verlötete Coupé, das in der Sinnfrage immer ein bisschen was offen ließ. Eine kleine Unerklärlichkeit blieb nach langem Nachdenken immer noch stehen. Ein Dreizylinder-Supersportwagen? Darf das sein? Nach vier Jahren ist das Phänomen BMW i8 also wohl noch immer nicht richtig ausdiskutiert, auch wenn jetzt schon das erste Facelift vor uns steht. Wobei hier Facelift nicht im klassischen Sinn als äußere Behübschung zu verstehen ist, sondern als innere Verdichtung des Erlebnisspektrums. Also diskutieren wir weiter.
Die Zahlen können sich sehen lassen: Sechs bis sieben Liter feinsten Superbenzins auf 100 km und ein paar Kilowattstunden Strom dazu. Mit diesen Ergebnissen den Energieverbrauch eines Supersportwagens abrechnen zu können, ist schon sehr ermunternd. Dazu muss betont werden, dass der neue i8 aufgrund stärkerer Batterien das Fahrerlebnis weiter verdichten konnte. Der Verbund aus Aluminiumchassis und Kohlenstofffaser-Fahrgastzelle mit optimierter eDrive-Technologie für den Antrieb hat ein relativ schlankes Auto unter 1600 kg mit einer enormen Vielfalt an Talenten zur Folge. Der Dreizylinder-Turbobenziner mit 231 PS treibt die Hinterachse, ein Elektromotor mit bis zu 143 PS die Vorderachse.
Sitz! Man möchte ewig sitzen bleiben, da beginnt nichts zu zwicken, du verschmilzt mit deiner Umgebung. Der Kofferraum im Roadster ist nicht viel größer als der Tank.
Das sind 12 PS mehr als beim Vorgänger, das darf der E-Motor jetzt leisten, weil die Batterie im Hintergrund leistungsfähiger wurde. So wurde der Energieinhalt von 7,1 auf 11,6 kWh erhöht, was bei entsprechend moderater Fahrweise gleichzeitig die rein elektrische Reichweite auf über 50 km ausdehnt. In der klugen elektronischen Verknüpfung beider Antriebsquellen liegt das eigentliche Geheimnis, und ob wir nun ein paar PS mehr direkt spüren oder gar messen könnten, darum geht es nicht wirklich. Die stärkere Batterie erweitert den Gestaltungsspielraum im Feintuning der beiden Antriebsquellen, denn darin liegt die große Kunst im weiten Spagat zwischen berauschenden Fahrleistungen und beeindruckend niedrigem Energieverbrauch.
Die rein elektrische Fortbewegung bringt naturgemäß den geringsten Energieverbrauch und den besten ökologischen Fußabdruck und kann somit als Vernunftebene für den Alltag betrachtet werden, nicht zuletzt als Verbeugung vor den Architekten der Abgas- und Verbrauchsvorschriften. Aber das eigentliche Wesen des Antriebs liegt letztlich im elektrischen Boosten des Verbrennungsmotors. Das heißt, der Wagen entfaltet seine vollen Talente, den vollen Schub, nur mit ausreichend Stromvorrat in der Batterie. Im benzinelektrischen Mischbetrieb zieht er vorne, schiebt er hinten enorm, und dann ist der i8 der beeindruckende Supersportwagen mit voller Power fein aufgeteilt über vier Räder.
In dieser Balance liegt auch das Wissen, das BMW niemand mehr wegnehmen kann und das so wertvoll ist für alle weiteren Hybrid-Aktivitäten. Dieses lustoptimierte Spiel ist allerdings je nach Intensität nach etwas mehr als 100 Kilometern zu Ende. Dann ist die Batterie leer, dann zieht sich der Antrieb auf die reine Hybridfunktion zurück, mit immer noch höchst erquicklicher Performance. Die Batterie wird natürlich nie ganz leergefahren, die Boostfunktion ist nach wie vor vorhanden, und durch Rekuperieren über den Startergenerator und den Elektromotor wird immer wieder Strom nachgeladen.
Damit ist der i8 jenseits seiner Talente als Plug-in-Hybrid gleichzeitig auch ein ernstzunehmendes Hybridfahrzeug. Er muss sich also nicht vorwerfen lassen, den elektrischen Strom nur zum Lustgewinn heranzuziehen. Beim i8 wird ganz besonders deutlich, wie wichtig das Nachladen des elektrischen Stroms ist, einerseits, um brav im rein elektrischen Modus durch die Gegend zu huschen, andererseits aber auch die volle Power abrufen zu können.
i8 Coupé, zweite Auflage: Kräftigere Batterien, stärkerer Elektromotor, mehr elektrische Reichweite und mehr Power beim Boosten.
Obwohl der i8 auch dann noch viel Freude macht, wenn er länger keine Steckdose gesehen hat. Und um die Geschichte komplett zu machen: Auch das Aussteigen verläuft ohne Peinlichkeiten, wenn man es erst einmal verstanden hat, seinem Körper den richtigen Drall zu geben, sogar noch bei umständehalber nur halb geöffneter Tür. Rudolf Skarics
DATEN BMW i8 Roadster/Coupé
Preis: Roadster € 161.500,–. Coupé € 146.100,–.
Antrieb Dreizylinder-DI-Turbo-
Benzinmotor (1499 ccm) mit Sechsgang-
Wandlerautomatik an der
Hinterachse, Elektromotor mit zweistufigem
Automatikgetriebe an der
Vorderachse.
Leistung/Drehmoment Benziner
170 kW (231 PS), E-Motor max.
105 kW (143 PS), E-Motor Dauerleistung
75 kW (102 PS). Systemleistung
275 kW (374 PS).
Kraftstoff/Batterien 42 Liter
98 ROZ, Lithium-Ionen 11,6 kWh.
Dimensionen 2/2+2* Sitze, L/B/H
4689/1942/1292 mm, Kofferraum
88 l/154 l*.
Gewichte Leer/Zuladung/Anhängelast
1595/370/0 kg, 1535/370/0 kg*.
Fahrleistungen 0–100 km/h
5,8/5,6* sec, Spitze hybrid 250
km/h, Spitze rein elektrisch 120
km/h, Normverbrauch 2,1/1,9*
l/100 km, CO2-Ausstoß 46/42* g/
km. Stromverbrauch 14,5/14,0*
kWh/100 km, rein elektrische Reichweite
53/55* km. Testverbrauch
8,7 l/100 km ohne Stromzufuhr, rein
elektrische Reichweite ca. 45 km.
Ladetechnik 3,6 kW.
Ausstattung Tempomat, Einparkhilfe
v.+h., 20-Zoll-LM-Räder, LEDScheinwerfer,
Sitzheizung, Klimaautomatik,
Navigation Professional,
Head-up-Display, Lederlenkrad.
Extras Fußgänger-Piepserl € 102,–,
Laserlicht € 6.354,–, Harman-
Kardon-Lautsprecher € 912
